Annecy / Frankreich
Meine Tochter wurde durch ein Wunder vor dem Tod gerettet – Ihre Heilung führte zur Seligsprechung von Pauline Marie Jaricot.
Ich komme aus Paris und habe vietnamesische Wurzeln. Als junger Mann studierte ich in den Vereinigten Staaten und kehrte im Alter von 24 Jahren nach Paris zurück. Dort lernte ich meine jetzige Frau Nathalie kennen. Sie ist eine gläubige Frau, während ich zu der Zeit nicht getauft war. Ich begann, Katechismuskurse zu besuchen, um mich auf eine kirchliche Hochzeit vorzubereiten, aber ich hörte wegen meiner Arbeitsbelastung bald wieder damit auf. Meine Arbeit erforderte auch, dass ich regelmäßig den Wohnort wechselte.
Als ich in den Niederlanden arbeitete, wurde unsere erste Tochter, Lou-Anh, geboren. Nach meiner Rückkehr nach Frankreich wurde meine zweite Tochter, Mayline, geboren.
Am 29. Mai 2012 veranstalteten wir ein Aperitif-Dinner, um mit Müttern und Kindern der Schule Cours Diot unseren bevorstehenden Umzug nach Mandelieu zu feiern. Wir haben nämlich in Nizza ein neues Restaurant eröffnet.
Während dieser Party saß Mayline, die damals dreieinhalb Jahre alt war, mit ihrem Essen auf einem Sofa. Plötzlich stand sie hinter mir, beide Hände um ihren Hals geklammert, und stampfte verzweifelt mit den Füßen auf den Boden, konnte aber keinen Laut von sich geben. Sie erstickte! Bevor ich ihr richtig helfen konnte, wurde sie ohnmächtig.
Da ich eine Ausbildung in "Erster Hilfe" absolviert hatte, versuchte ich sofort, ihr mit dem sogenannten "Heimlich-Griff", einer Kompression des Oberbauchs, zu helfen. - Ohne Erfolg. Das Wurststück blieb stecken und konnte nicht entfernt werden.
Der Notarzt wurde sofort gerufen und ich versuchte in der Zwischenzeit verzweifelt, das Wurststück zu entfernen. Es gelang mir nicht, es steckte zu tief in der Luftröhre. Inzwischen hatte sich zum Atemstillstand auch der Herzstillstand gesellt. Es war dramatisch, sie lag in meinen Armen und atmete nicht mehr.
Die Feuerwehrleute, die zuerst eintrafen, versuchten alles, um sie wiederzubeleben, aber es gelang auch ihnen nicht. Dann kam der Notarzt. Nach einer endlos erscheinenden Zeit gelang es ihm, sie zu stabilisieren und schließlich den Fremdkörper zu entfernen, aber ihr kleines Herz stand weiterhin still.
In dieser Nacht erlitt Mayline im Krankenhaus von Lyon drei weitere Herzstillstände und zusätzlich eine Lungenembolie. Die Ärzte teilten uns mit, dass ihr Zustand so kritisch sei, dass sie die Nacht wahrscheinlich nicht überleben würde. Natürlich blieben wir dort.
Mayline überlebte die Nacht und auf der Intensivstation begann ein dramatischer Kampf um ihr Überleben. An diesem zweiten Tag wurde sie in ein künstliches Koma versetzt und ihre Gehirnströme wurden mehrmals gemessen. Tag für Tag wurde eine Abnahme der Gehirnaktivität festgestellt. Aufgrund des anhaltenden Sauerstoffmangels war ihr Gehirn geschrumpft und hatte irreversible physiologische und anatomische Schäden erlitten. Am 10. Tag ihres Aufenthalts auf der Intensivstation wurde festgestellt, dass keinerlei Gehirnaktivitäten mehr vorhanden waren. Die Ärzte erklärten, dass Mayline sich in einem tiefen, irreversiblen Koma befand, sie wurde als gehirntot eingestuft.
Die Ärzte empfahlen uns daraufhin, dem "Projekt Lebensende" zuzustimmen, d.h. die künstliche Ernährung einzustellen. Mayline würde kurz darauf aufgrund von Dehydrierung sterben. Wir wollten diesem Vorschlag unter keinen Umständen zustimmen.
Mayline wurde dann von der Intensivstation auf die neuropädiatrische Station verlegt, wo sie die Krankensalbung erhielt.
In der Zwischenzeit mussten wir oft zur Schule von Lou-Anh, Maylines älterer Schwester, gehen. Sie war erst sieben Jahre alt und brauchte ebenfalls unsere tägliche Anwesenheit und Unterstützung für ein möglichst normales Leben in dieser schwierigen Zeit. Wir hatten auch Kontakt mit der Mutter einer Klassenkameradin. Diese Frau, Elisabeth, hatte bereits zwei Kinder verloren und konnte daher unsere verzweifelte Lage leicht nachvollziehen. Sie ist eine gläubige Frau und Mitglied einer Gebetsbewegung mit dem Namen "Lebendiger Rosenkranz". Es handelt sich dabei um eine Organisation, deren Mitglieder jeden Tag mindestens einen kurzen Rosenkranz für verschiedenste Anliegen beten. Diese Gebetsbewegung, die heute in der ganzen Welt verbreitet ist, wurde 1826 von einer gewissen Pauline Marie Jaricot gegründet.
Diese Mutter hatte nun die Idee, eine Novene an die Gründerin dieser Gebetsbewegung zu organisieren. Neun Tage lang sollten die Menschen Pauline Marie Jaricot bitten, sich bei Gott für die Heilung unserer kleinen Mayline einzusetzen. Da diese Pauline Jaricot noch nicht heiliggesprochen war, bat Elisabeth den Kardinal Barbarin von Lyon um die Erlaubnis dafür, da Pauline in seiner Diözese im 19. Jahrhunder gelebt hatte.
Alle Schüler, Eltern, sowie die Lehrer der Schule von Lou-Anh versprachen daraufhin, neun Tage lang für Mayline zu beten. Dieser Aufruf zur Novene wurde von Freunden auf der ganzen Welt geteilt. Später, als wir Briefe von Menschen aus der ganzen Welt erhielten, wurde uns klar, dass Tausende von Menschen zu Pauline Jaricot für unsere Mayline gebetet hatten.
Aufgrund unseres Umzugs in die Nähe von Nizza musste auch Mayline in das Krankenhaus von Nizza verlegt werden. Wir hatten sie in Lyon vor ihrer Verlegung gesehen: Ihre Augen waren leer und leblos, ihre Pupillen waren riesig. Als wir sie in Nizza wiedersahen, hatte sich der Blick ihrer Augen völlig verändert: Er war wieder da, lebendig, ganz normal. Maylines Augen leuchteten und ließen wieder Leben durchscheinen. Auf unser überraschtes Fragen betonten die Krankenschwestern, dass sie in der Zwischenzeit nichts für Mayline getan hätten.
Das "Projekt Lebensende" war jedoch immer noch in den Krankenakten sichtbar, was die Dramatik der Entwicklung verdeutlichte. Dann, bei einem Treffen mit dem neuen Ärzteteam, das Mayline betreute, erklärte der Chefneurologe in Nizza, dass Maylines klinischer Zustand nicht mit der Krankenakte übereinstimmen würde, sie werde nicht sterben. Aber es würde keinerlei Hoffnung auf Heilung geben. Bestenfalls würde sie eines Tages ihre Augen bewegen, aber sie würde immer schwer behindert bleiben und niemals mit uns kommunizieren können.
Aber für uns Eltern, die wir uns jeden Tag um sie kümmerten, wurde es immer deutlicher, dass sie ins Leben zurückkehrte. Bald konnten wir sehen, dass ihre Lippen die Worte Papa und Mama formten, sie lachte, wenn wir sie kitzelten, sie schien imaginäre Kerzen ausblasen zu wollen, wenn wir über den Geburtstag einer Tante sprachen und sie weinte, wenn wir sie am Abend verlassen mussten.
Für die Ärzte war es unmöglich, dass Mayline kommunizieren konnte, da das Fehlen ihrer Gehirnströme dies unmöglich machte. Als der Neurologe jedoch eines Tages hörte, wie Mayline bei einem Besuch deutlich "Mama" zu Nathalie sagte, änderte sich seine Meinung plötzlich. Die Ärzte verstanden diese Entwicklung überhaupt nicht und hatten dies noch nie zuvor gesehen; es war wissenschaftlich unerklärlich.
Eine erneute MRT-Untersuchung des Gehirns war jedoch niederschmetternd: Sie zeigte immer noch irreversible Hirnschäden mit abgestorbenem Gewebe in beiden Gehirnhälften, was zu einer Schrumpfung des Gehirns geführt hatte.
Die Wiederherstellung eines abgestorbenen Hirngewebes ist medizinisch absolut unmöglich. Mayline wurde nun in eine 150 km entfernte Einrichtung verlegt, die auf die Pflege von schwer behinderten Kleinkindern spezialisiert ist. Dies machte unsere Besuche leider sehr schwierig.
Trotz aller negativen Prognosen machte Mayline auch dort unerwartete Fortschritte: Sie konnte plötzlich "Papa" sagen, sie konnte zeigen, wie man sich die Zähne putzt und Brei schlucken. Wir konnten sie nun selbst füttern - ein Schlauch weniger!
Am 2. September konnte sie zum ersten Mal alleine sitzen und blieb im Gleichgewicht. Kann ein Hirntoter so etwas tun? Am 23. September zeigte Mayline ihre Puppe und sagte: "Baby". Und dann: Als Mayline sah, dass ihre Mutter zu Besuch kam, zog sie sich selbst an den Gitterstäben ihres Bettes hoch und konnte wieder stehen. Nathalies Überraschung war grenzenlos, Mayline lachte und wiederholte das Kunststück immer und immer wieder. Ihre Genesung setzte sich fort, auch ihre Fähigkeit zu sprechen normalisierte sich.
Wir hätten Mayline gerne im Oktober nach Hause gebracht, bei jeder Abfahrt weinte sie sich die Augen aus. Aber in Frankreich ist es schwierig, ein schwerkrankes Kind nach Hause zu bringen. Da bei unserem Kind eine irreversible Hirnschädigung diagnostiziert wurde und diese Diagnose trotz aller Fortschritte bestehen blieb, mussten vorher noch zahlreiche zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Kernspintomographie waren trotz aller sichtbaren Entwicklungen katastrophal. Wir konnten Mayline nicht aus dem Krankenhaus herausbekommen, obwohl sie bereits selbständig essen, sprechen, zeichnen, gehen und rennen konnte.
Schließlich konnten wir sie am 25. November 2012 geheilt nach Hause bringen - ein unglaublich schönes Ereignis!
Die Mahlzeit zu Hause war aufregend: "Iss langsam, du musst gut kauen!". "Ja", sagte Mayline, "sonst..." - und sie legte ihre Hände um ihren Hals und machte schreckliche Geräusche mit offenem Mund. Sie hatte also Erinnerungen an ihren Unfall, war aber nicht traumatisiert.
Nachdem alles vorbei war, begann ich mich näher mit dieser unerklärlichen Heilung zu befassen. Zuvor war ich noch weit vom Glauben entfernt gewesen. Ich war nicht getauft und glaubte nur ab und zu an die Möglichkeit einer Existenz Gottes. Aber jetzt wusste ich mit Sicherheit, dass Gott am Werk war. Für mich ist es ein unglaubliches Geschenk, dass wir mit unserer Tochter in Gottes Augen so wichtig waren, dass er durch die Fürsprache von Pauline Jaricot an uns beziehungsweise an Mayline gewirkt hat. Ich konnte nun den Weg des Glaubens finden und die Dankbarkeit gegenüber Gott für dieses unfassbare Geschenk bestimmt nun mein Leben.
Die Anerkennung durch die Kirche als Wunder dauerte übrigens sehr lange. Elisabeth, die Frau, die die Novene begonnen hatte, leitete den Prozess ein. Sie wollte die medizinischen Unterlagen an das zuständige Bistum weiterleiten. Aber dann wurden neue Untersuchungen verlangt, z.B. ein neues MRT des Gehirns. Und dann stellte sich heraus, dass alles in Ordnung war! Der Arzt verglich die alten MRT-Bilder, die er selbst vor drei Jahren aufgenommen hatte, mit den neuen Bildern und es war unglaublich: Maylines Gehirn hatte seine normale Größe wiedererlangt und es gab kein totes Gewebe und keine Lücken mehr....
Neurologische Tests zur Messung der Übertragung elektrischer Impulse vom Gehirn zu den Gliedmaßen zeigten ebenfalls, dass bei Mayline seit der Novene zu Pauline Jaricot alle neuronalen Funktionen zu 100% wiederhergestellt worden waren. Zuvor hatte das Gehirn irreversible anatomische und physiologische Schäden erlitten und jegliche Aktivität eingestellt. - Ein Phänomen, für das es keine wissenschaftliche Erklärung gibt. Selbst die nüchternsten Ärzte konnten in diesem Zusammenhang nur noch von einem Wunder sprechen.
Im Rahmen des Seligsprechungsprozesses wurden in Rom neuerliche Untersuchungen durchgeführt. Mayline war damals 7-8 Jahre alt. Sie hatte die damit verbundenen Prüfungen sehr geduldig ertragen.
Und schließlich erkannte Papst Franziskus am 26. Mai 2020 an, dass Gott an unserer Mayline, durch die Fürsprache von Pauline Marie Jaricot, ein Wunder geschehen ließ. In Anwesenheit von 12.000 Gläubigen wurde dann Pauline am 22. Mai 2022 von Kardinal Antonio Tagle in Lyon seliggesprochen.
Heute sehen wir es als unsere Pflicht an zu bezeugen, dass Gott nicht nur existiert, sondern auch bereit ist, in unserem Leben zu handeln, wenn wir uns in vertrauensvollem Gebet an ihn wenden.